Mit dem Schwerpunktthema „Nachhaltige Textilien" widmet sich die europaweite Woche der Abfallvermeidung in diesem Jahr einem heiklen Thema, das nicht gerade im Licht der Öffentlichkeit steht. Jährlich werden in Deutschland rund eine Million Tonnen Altkleider gespendet, deren Verwertung nicht immer nachvollziehbar ist. In deutschen Kleiderschränken hängen im Schnitt 90 Kleidungsstücke, von denen viele kaum oder nie getragen werden. Die Mode wird zunehmend zum Wegwerfgut. Zeit, sich zu fragen, ob das so sein muss und wie wir mit Textilien umgehen...
Was traditionell durch karitative Organisationen als Hilfe für Notleidende organisiert wurde, ist heute ein riesiges Geschäft. Die direkte Verteilung von Kleidung an Bedürftige ist zur absoluten Ausnahme geworden, denn der Second-Hand Markt für Gebrauchttextilien floriert weltweit. Die aufwändige Sammlung und Sortierung der Textilien wird fast ausschließlich über den Verkauf von Second-Hand Ware finanziert. Auch gemeinnützige Organisationen arbeiten meist mit gewerblichen Dienstleistern zusammen und erhalten nur einen Teil der Einnahmen als Spenden. Anders lässt sich die Flut von aussortierten Kleidungsstücken nicht mehr bewältigen.
Was in den Altkleider-Container gehört
Entsprechend sind die Sammler nicht an verschlissenen oder defekten Kleidungsstücken interessiert, die den Aufwand bei der manuellen Sortierung erhöhen und ohnehin mit dem Restmüll entsorgt werden. Durch die „Fast Fashion" Tendenz ist die Menge minderwertiger Textilien so stark gestiegen, dass mittlerweile auch für das Downcycling zu Putzlappen oder Dämmstoffen ein Überangebot besteht. Daher gibt es bisher für kaputte Textilwaren leider auch in Ulm nur die Restmülltonne zur Entsorgung. Hier gilt der Grundsatz re-wear statt re-cycle, was auch im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist. Deutschlandweit werden fast 60 Prozent der Altkleider auf dem Gebrauchtmarkt verkauft.
Etwa 800 Tonnen Altkleider (entsprechend 6 kg pro Einwohner*in) werden derzeit jährlich in die rund 100 öffentlichen Textil-Container in der Stadt Ulm geworfen. Dort sammelt die Firma Striebel Textil aus Langenenslingen im Auftrag der Entsorgungs-Betrieben der Stadt Ulm (EBU) die Textilien ein, stellt die Container bereit und sorgt für die fachgerechte Sortierung und Vermarktung der brauchbaren Stücke. Hochwertige Textilien werden direkt im betriebseigenen Second-Hand Shop angeboten. Der Rest geht je nach Zustand in den Vertrieb als Gebrauchtkleidung oder wird zu Putztüchern verarbeitet. Lediglich ein geringer Prozentsatz der Textilspenden landet im Müll.
Laut EBU-Partner Striebel Textil gehören in den Altkleider-Container alle Arten von Textilien sowie Mützen, Hüte, Taschen und Schuhe. Insbesondere sind auch Bettwäsche und -federn gefragt. Alles sollte möglichst unbeschädigt und in einigermaßen sauberem Zustand sein, da die Textilien bei der Verarbeitung nicht gewaschen werden können. Nicht verwertbar sind dagegen nasse, verschmutzte und zerrissene Kleidungsstücke sowie Skistiefel. Brauchbare Schuhe sollten nur paarweise zusammengebunden eingeworfen werden. Wer die Sachen zusätzlich bündelt bzw. verpackt, erleichtert den Mitarbeitenden die Arbeit.
Vorsicht bei Straßensammlungen
Die meisten wollen mit ihrer Kleiderspende etwas Gutes tun. Aber viele Sammler unterstützen keineswegs gemeinnützige Zwecke, auch wenn sie es vorgeben. Oft ist nicht erkennbar, wer hinter der Sammlung steht und wer davon profitiert. An vielen Stellen – auch in Ulm – werden Container beispielsweise ohne Genehmigung auf Flächen Dritter (beliebt sind z.B. Parkplätze von Supermärkten) und ohne konkrete Kontaktdaten aufgestellt. Öffentlich legitimiert sind in Ulm die Container der Firma Striebel an den EBU-Standorten sowie die mit „faircollect" gekennzeichneten Container auf Flächen der SWU.
Vorsicht ist nach Angaben des Dachverbands „FairWertung" besonders bei Straßensammlungen mit Säcken oder Tonnen geboten. Auch wenn hier der Aufdruck auf karitative Zwecke hindeutet oder angeblich für bestimmte Familien oder Hilfsprojekte gesammelt wird, stecken oft (aber nicht immer) unangemeldete gewerbliche Sammler dahinter. Hier lohnt es sich, genau hinzuschauen. Die Seite altkleiderspenden.de verzeichnet Sammelstellen, die dem Verband „FairWertung" angehören und sich zur Einhaltung definierter Standards verpflichtet haben.
Schnelle Mode für die Tonne
In nur 15 Jahren von 2000 bis 2015 hat sich die Textilproduktion verdoppelt. Dabei hängt ein Großteil der Kleidung ungebraucht bei den Verbrauchern im Schrank oder wird nur wenig getragen. Und jede Sekunde wird eine volle LKW-Ladung Textilien zur Mülldeponie verbracht oder verbrannt. Die Textilproduktion ist unter anderem für bis zu 35 Prozent des in die Umwelt freigesetzten Mikroplastiks, den Ausstoß von etwa 1.500 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten und 92 Millionen Tonnen Müll jährlich verantwortlich. Einen großen Anteil daran hat die Fast Fashion-Industrie.
Fast Fashion ist das Fast Food der Bekleidungsindustrie: Kleidung, die billig produziert und verkauft wird, auf den ersten Blick gut aussieht, aber meist nur kurz glücklich macht. Der Produktionszyklus vom Design bis zum fertigen Artikel dauert bei Fast Fashion durchschnittlich nur zwei bis vier Wochen. Im Vergleich dazu beträgt er bei Mode traditioneller Einzelhändler sechs bis neun Monate. Die immer wieder neuen Trends und Discountpreise der Fast Fashion verführen vor allem auch jüngere Verbraucher häufiger und mehr neue Kleidung zu kaufen. Bekannte Fast Fashion-Marken sind beispielsweise Zara, H&M, Primark, Asos, SHEIN, Vero Moda, Only, Mango, etc.
Wer nachhaltig mit Kleidung umgehen will, sollte Impulskäufe vermeiden und beim Kauf auf gute langlebige Qualität achten. Nachhaltige Mode kann man an anerkannten Siegeln wie dem GOTS-, IVN- Best- und dem Made in Green-Siegel erkennen. Der Kauf von Secondhandmode, Kleidung möglichst lange zu tragen und möglichst weiterzugeben, schont Ressourcen und Umwelt.
EBU-Tipps zur Abfallvermeidung und Second-Hand-Textilien